Wandeln auf alten Wegen

Gedanken über die Traumatisierung durch die sexualisierte Gewalt.

Wie die Auswirkungen auf mein heutiges Leben sind und wie ich damit umgehe. Konkrete Tipps für die Opferentschädigungsrente.

Traumatisierung durch die sexuelle Gewalt

Vorab möchte ich sagen, dass ich der Einfachheit halber in der männlichen Form schreibe. Ich möchte damit niemanden ausschließen. Es dürfen sich alle Geschlechter angesprochen fühlen. Ich danke für dein Verständnis.

Erinnerungen überschwemmen mich in den Gassen und Orten, als ich durch Nürnberg gehe. Ganz melancholisch blicke ich gleichzeitig in die Vergangenheit und in das Jetzt.  Lange ist es her, dass ich auf den alten Wegen gewandelt bin. Ein abgefahrenes Leben liegt hinter mir. Jedesmal wenn ich die Geschichte meiner Vergangenheit erzähle, kommt es mir vor, als würde ich einen Film erzählen. Da ist alles dabei, was ein gutes Drama ausmacht. Drogen, Gewalt, Psychosen, Partys, Sex, Liebe, Verzweiflung, Stärke, Mut und eine “Art Happy End” (denn mein Leben geht noch weiter)

Umgang mit sexueller Gewalt

Es kommen immer wieder alte Themen hoch und ich erkenne die Verstrickungen meiner Vergangenheit, meiner Ahnenreihe. Eine Schwäche herrscht in dieser Reihe. Keine klaren Grenzen, die für Schutz und Abgrenzung sorgen. Eine Reihe von “Guten Menschen”, die anderen keinen Einhalt gebieten oder klar kommunizieren, was sie wollen und nicht wollen. 

Vor kurzem habe ich den Namen des Vergewaltigers und dahinter “Nürnberg” in Google eingegeben und siehe da, es existieren noch Zeitungsartikel über die Verhandlung.

Sexueller Missbrauch: Volleyball-Trainer muss ins Gefängnis

(Artikel vom 10.3.2017, 18:39 Uhr bei Nordbyern.de zuletzt gesehen am 23.09.22 um 12:06) 

Unter der Bettdecke “angefasst”: 59-jähriger Nürnberger Lehrer muss sich wegen sexuellen Missbrauchs von Jungen verantworten Seltsame Hausdurchsuchung 

(Artikel vom 21.02.2017 bei donaukurier; zuletzt gesehen am 23.09.22 um 12:08)

Umgang mit sexualisierter Gewalt

Der Umgang mit sexueller Gewalt in den Medien und der Gesellschaft

Mich wundert, dass ich seinen richtigen Namen eingeben kann und die Suchmaschine etwas findet. Obwohl wir beide in den Artikeln namentlich anonymisiert sind. Da frage ich mich, ob es gut ist, dass der Täter hier geschützt wird. Denn sollte man nicht wissen, dass er Pädophil ist? Wer muss hier mehr geschützt werden? Der Täter oder die möglichen Kinder, die vielleicht einem Pädophilen zum Opfer fallen? Wenn ich darüber nachdenke, wie tiefgreifend die Folgen seiner Schandtat in meinem Leben wirken. Dann hätte ich mir gewünscht, in einer besseren Gesellschaft aufgewachsen zu sein. Eine aufgeklärte Gesellschaft. Welche Sexualisierte Gewalt an Kindern thematisiert. Offen darüber redet. Klar kommuniziert, wo man sich Hilfe holen kann. Was die Folgen von sexualisierter Gewalt sind.  Eine Gesellschaft, in der es keine Fragen gibt, die dem Opfer die Schuld zuweisen. Wie etwa: “Warum hast du dich nicht gewährt?” Logischerweise habe ich mich nicht gewehrt, ich war ein 10 Jähriges Kind! Es ist klar, dass die Opfer geschützt werden müssen und die Täter verfolgt. Aber in der Gesellschaft ist das noch nicht ganz angekommen. 

Ich möchte jetzt nicht die Verantwortung auf die Gesellschaft schieben. Das ist zu einfach und diese Haltung hat die meiste Zeit in meiner Vergangenheit vorgeherrscht. Alle anderen waren Schuld an meiner aktuellen Misere. Diese Einstellung war sehr bequem und verursachte einen Stillstand, in dem mein Leben eher rückwärts als vorwärts ging. Dabei lag es an mir, meinen Mund aufzumachen und mir Hilfe zu holen. Bitte versteht mich nicht falsch. Ich möchte nicht die Schuld der sexuellen Gewalt auf mich nehmen. Ich war ein Kind, das in einem gewalttätigen Umfeld geboren wurde und von seinem Volleyballtrainer sexualisierte Gewalt erfahren hat. Mich oder auch andere Kinder mit ähnlichem Schicksal trifft keine Schuld. Aber wir haben die Macht für uns aufzustehen und sind in der Verantwortung, was jetzt aus unserem Leben wird.

Aber jetzt bin ich in der Verantwortung für mein Wohl zu sorgen. Das gehört zum Leben als Erwachsener dazu. Braucht man dafür einen riesigen Haufen Mut? Auf jeden Fall! Denn wie gesagt, die Gesellschaft macht es einem nicht leicht, offen mit so einem Thema durch die Welt zu laufen. Wenn überhaupt, wird hinter vorgehaltener Hand darüber gesprochen. Doch es muss darüber gesprochen werden. Es muss klar werden, was die Folgen von sexueller Gewalt an Kindern sind. Denn nur wenigen ist das klar. Auch wir Überlebende kennen oft nicht die Folgen. Zu gut funktionieren die Verdrängungsmechanismen. 

Sexuelle Gewalt verarbeiten und neue Kraft tanken

Ich sehe in allen Überlebenden sexualisierter Gewalt eine unglaubliche Kraft. Denn um aktiv etwas für die Heilung zu tun, bedarf es viel Mut. Große gesellschaftliche Hindernisse dürfen bewältigt werden. Alle Überlebenden, die mit so einer Vergangenheit leben, können großartige und inspirierende Menschen sein. Viele Schlüssel liegen in uns. Wenn wir sie mit der Menschheit teilen, können wir zur Heilung und zu einer besseren Welt beitragen. Interessanterweise treffe ich nur Überlebende, die genau das wollen. Der Menschheit helfen. Sodass niemand sonst dieses unglaubliche Leid, das wir durchgestanden haben, erleben muss.

Die Folgen und meine Verarbeitung der sexualisierten Gewalt

Heute befinde ich mich weit davon entfernt, einer normalen Tätigkeit als Angestellter nachzugehen. Zu große Auswirkungen hat die Traumatisierung in meinem Leben. Es existieren noch undefinierbare Ängste, Scham, Groll und Schuldgefühle. Mein Energielevel reicht nicht so weit, dass ich gut durch einen 8 Stunden Tag komme. Immer wieder während des Tages brauche ich Zeit für mich. Um mich zu regulieren. Phasen, in denen ich abschalten kann. In meinem Job als Erzieher ist das nicht möglich. Nach einem Arbeitstag komme ich vollkommen erschöpft nach Hause. Eigentlich bin ich schon während der letzten Stunden im Kindergarten neben der Spur. 

Ich arbeite zwar nur zwei Tage die Woche und bin für jeweils ca. 6 Stunden mit den Kindern im Kindergarten. Doch kann ich mir mehr Arbeit beim besten Willen nicht vorstellen. Im Grunde ist mir das auch zu viel. Allein in den letzten 8 Monaten, war ich ganze 35 Tage arbeitsunfähig. So viel Urlaub hat man nicht mal in einem Jahr. Ich habe jedoch wirklich wunderbare Kollegen und eine Chefin, die mich nicht verurteilt und mir den Rücken stärkt. Doch auf Dauer ist das nichts. Denn ich möchte ihnen nicht zur Last fallen. 

Ein Neuanfang nach sexualisierter Gewalt und die Chance auf ein neues Leben

Doch jetzt ist Schluss, ich habe bereits gekündigt und werde mit meiner Partnerin eine sechsmonatige Weltreise unternehmen. Die Reise ist für mich ein wichtiges Abenteuer, das ich eingehen möchte. Ich erhoffe mir von dieser Zeit, aus meiner Komfortzone gebracht zu werden. Neue Umgebung, andere Kulturen, Seminare und Workshops zur Persönlichkeitsentwicklung. All das wird für mein Wachstum sorgen. Ich werde mehr zu mir finden und mich kennenlernen. 

Ich darf eben kreative Wege finden, mein Leben zu gestalten und meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Das ist jetzt nicht schlecht oder gut. Es ist nunmal so. Immerhin habe ich Musik, Mantras, Yoga, Spiritualität und Persönlichkeitswachstum als Geschenke und Begleiter auf meinem Weg. Alles Künste, die mein Leben so sehr bereichern. Sie verleihen mir zu einer ungeahnte Tiefe. Alles Dinge, mit denen ich mich regulieren kann. Die Ängste, den Groll, die Schuld und Scham verarbeiten. Sie helfen mir, noch tiefere Erkenntnisse über mein Leben zu erlangen. Damit ich ein glücklicheres und freieres Leben führen kann. Mir wurde schon so viel gegeben. Wenn ich mein heutiges Leben mit dem vor sieben Jahren – als ich noch täglich gekifft habe – vergleiche, liegen Welten dazwischen. Mein altes Leben fühlt sich mittlerweile sehr fremd an. Doch spüre ich genau, dass ich noch weiter forschen kann, um irgendwann einen Weg gefunden zu haben, der gut für mich funktioniert. 

Was hilft um sexuelle Gewalt zu verabeiten?

Ich liebe es, die Dinge, die mir in meinem Leben so gut helfen, weiter zu geben. Ich mache das als Yogalehrer, Musiker und Kakao-Schamane. Noch wird meine Arbeit zu wenig entlohnt, damit ich davon leben kann. Doch ein Teil in mir hält fest daran, dass es schon bald klappen wird und ich mit meiner Kunst des Heilens irgendwann gut über die Runden komme. Dabei ist es immer wieder ein Prozess zwischen völliger Verzweiflung und mutiger Zuversicht. Aber das ist denke ich normal. Denn ich gehe ja auch erst seit drei Jahren auf diesem alternativen Weg. Früher wollte ich noch als Lehrer an einer Schule arbeiten und einen vermeintlich sicheren Weg gehen. Auf meinem Weg in die Selbstständigkeit, stelle ich mich vielen Ängsten, die ich noch vor ein paar Jahren mit dem Konsum von Drogen verdrängt habe. 

Immer wieder versuche ich in das Vertrauen zu kommen, dass ich mit dem, was ich tue, irgendwann gut über die Runden komme. Gleichzeitig mache ich für was ich wirklich brenne und helfe dabei noch Menschen. Ein wunderbarer Traum, den ich so sehr möchte, dass ich meinen Job gekündigt habe und vermeintliche Sicherheiten aufgebe.

Die Opferentschädigungsrente für Überlebende sexueller Gewalt

Ich setze gerade viel Hoffnung auf die Opferentschädigungsrente. Hier bekomme ich eine sehr kleine Rente von 160 €. Dass das nicht zum Leben reicht, versteht sich von selbst. Mein Traum ist es, dass meine Fixkosten damit gedeckt sind. 

Denn dann kann ich mich voll auf meine Mission fokussieren. Als Heiler und Lehrer in dieser Welt zu arbeiten. In dem ich all meine Kenntnisse zu einer Komposition verbinde, die anderen Menschen hilft. Auf diesem Weg möchte ich immer tiefer einsteigen, neue Techniken und Wege entdecken. Und diese dann zu meinem ganz persönlichen Stil verbinden. 

Der Survivor Circle für Überlebende sexueller Gewalt und Kakao Zeremonien um die Themen zu bearbeiten

Ich habe bereits den Survivor Circle kreiert, um speziell Überlebende sexueller Gewalt einen Raum zu bieten, indem Heilung stattfinden kann. Auch unsere Kakao-Zeremonien helfen Menschen, sich ihren verborgenen Themen zu stellen und diese zu transformieren. Wir machen Singkreise, in denen Mantras und andere Heillieder gemeinsam gesungen werden. Ecstatic Dance Veranstaltungen, freies, achtsames Tanzen, um die alten Muster aus dem Körper zu bringen. Sound Healing mit Didgeridoo und Stimme. Ziel von allen meinen und unseren Angeboten ist es, wieder zurück zum einzigartigen Selbst zu kommen und sich gemeinsam wieder mit der Quelle zu verbinden. Heil zu werden. Wie schon gesagt, teile und kombiniere ich die Dinge, die mir als traumatisierter Mensch gut auf meinem Lebensweg helfen. Mich zu immer freierem Handeln bringen.

Die Opferentschädigungsrente würde mir dabei den Rücken freihalten. Sodass ich meine Mission leben kann. Ich hätte genügend Freiräume, um gut für mich zu sorgen. 

Hilfe nach sexualisierter Gewalt durch Freunde, Gespräche & Arbeitskollegen

Ich stehe dafür ein, dass es keine Schande ist, sich Hilfe zu holen. Finanziell, durch ein Gespräch, Arbeitskollegen und Freunde, die einen unterstützen. Egal wie. Wir brauchen einander. Es ist keine Schande, eine Rente zu bekommen. Oder hält einen zurück. Ganz im Gegenteil hält es zurück, wenn man sich nicht traut, nach Hilfe zu fragen. Es bedarf Mut, über seinen Schatten zu springen und nach Hilfe zu bitten. In einer Gesellschaft, in der wir erzogen wurden, alles alleine machen zu müssen. Entfernt von unserem Stamm und natürlichem Leben, in dem jeder seine Aufgaben trägt und der Stamm ganz genau weiß das er nur so stark ist wie der Schwächste. Unsere Gesellschaft heutzutage ist jedoch von Konkurrenz und Wettkampf geplagt. Die Alten und Schwachen werden aussortiert. In sonderpädagogische Einrichtungen und Altenheime geschafft. Aus dem Auge, aus dem Sinn. 

Nein, es kommt eine neue Zeit, in der wir uns unterstützen. Aufeinander acht geben und füreinander da sind. Katastrophen in der Welt werden immer häufiger und heftiger. Wenn wir nicht damit beginnen, dass wir uns um uns und um Mutter Natur sorgen. Wird alles auf natürliche Weise schlimmer, bis wir es endlich verstehen. Story of my life…

Die Opferentschädigungsrente ist eine Möglichkeit der gegenseitigen Unterstützung. Wenn du darüber nachdenkst, auch diesen Weg zu gehen, lese gerne weiter. Ich hoffe, meine Worte werden dir bei deiner Entscheidung weiterhelfen. 

Opferentschädigungsrente nach sexueller Gewalt

Die Herausforderungen der Opferentschädigungsrente

Es war für mich bisher ein langer Weg, diese 160 € im Monat zu bekommen. Vom Zeitpunkt der Antragstellung bis zum Erhalt der Rentenzahlung vergingen rund 3-4 Jahre. Steinig ist der Weg. Hoffnung und Verzweiflung wechselten sich bei mir ab. Ich rate hier immer, den Antrag ausfüllen und so gut wie möglich aufhören, daran zu denken. 

Doch um die Rente zu bekommen, bedarf es einer großen Hürde, die zuerst begangen werden muss. Nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) ist man nämlich verpflichtet, alles Mögliche zur Sachverhaltsaufklärung und für die Verfolgung der Täter oder Täterin zu tun. Konkret bedeutet dies, eine Aussage bei der Polizei zu machen und vielleicht sogar vor Gericht. 

Falls du mit dem Gedanken spielst, auch eine Rente zu beantragen, hole dir unbedingt Unterstützung. Bei Beratungsstellen, einem Rechtsanwalt, bei Freunden und Familie. Mir hat damals das Jungenbüro in Nürnberg sehr gut geholfen.

Das ist eine Informations- und Beratungsstelle für Jungen und junge Männer. Aber da gibt es noch andere.

Weiterführende Hilfe und Links zur Opferentschädigungsrente

Der Rechtsanwalt sollte dafür bekannt sein, dass er mit Fällen von sexualisierter Gewalt Erfahrung hat.  Auch solltest du gut auf die Aussagen, die du vor Polizei und Gericht machen musst, vorbereitet werden. Genaue Handlungsanweisungen, die dir einen Rahmen bieten, an dem du dich festhalten kannst und das Vertrauen, einen Profi an der Seite zu haben.  Diese Fälle haben ein besonderes Augenmerk von der Öffentlichkeit und der Presse. Sei dir im Klaren, dass du detailgetreue Aussagen über die Tat bei der Polizei und eventuell vor Gericht machen musst. Dafür braucht es einen starken Rückhalt von Menschen, die zu 101 % hinter dir stehen. 

Die Kosten einer Verhandlung trägt der Staat

Das Gute! In Deutschland kommen hier keine Kosten auf dich zu. Der Rechtsanwalt und das Gericht werden bezahlt. Dabei brauchst du auch keine Rechtsschutzversicherung. Du trittst auch nicht als Kläger auf. Das übernimmt der Staat für dich. Ein entscheidender Unterschied, der dich schützt. 

Bei mir änderte sich mit der Entscheidung, eine Aussage bei der Polizei zu machen, mein Leben. Es zeigten sich Menschen, die hinter mir standen. Viele andere Menschen sind aus meinem Umfeld verschwunden. Dabei fühlte sich das eher gut an. Wie eine alte Wunde, die langsam abheilt und der Juckreiz einsetzt. Die Falschen sind gegangen und die Richtigen sind geblieben. Die, die mir sowieso nur Energie gesaugt haben, sind auf ganz natürliche Weise verschwunden oder haben versucht, sich gegen mich zu stellen.

Der Antrag auf die Opferentschädigungsrente

Um einen Antrag für eine Opferentschädigungsrente zu stellen, muss die Verhandlung nicht abgeschlossen oder der Täter verurteilt werden. Du musst bereit sein, eine Aussage zu machen. 

Nachdem der Antrag eingereicht ist, wirst du zu einem Therapeuten geladen, der den Grad der Schädigung (GdS) einstufen soll. 

Ich war damals noch viel zu unerfahren mit meiner Traumatisierung und den Folgen, sodass mein GdS viel zu gering eingestuft wurde. Auch war ich in einem Modus, um alles schön zu reden. Das hatte sich eingeschlichen über all die Jahre, in denen ich keiner Menschenseele von der Gewalt erzählt hatte. Ich hatte alles mit mir selbst ausgemacht und mir immer eingeredet, dass alles halb so wild sei und ich total gesund sei. Ich wollte einfach nicht sehen, dass ich vieles nicht konnte. Ich bin häufig über meine Grenzen gegangen, denn ich wollte dazu gehören. Zu dieser Leistungsgesellschaft, die keine Schwächen zulässt. Schon gar nicht bei Männern. Ganz nach dem Motto: “Bist du eine Maus oder ein Mann?”. Damit ich die permanenten Grenzüberschreitungen ertragen konnte, vernebelte ich den Schmerz, die Überforderung und die Ängste im Cannabis-Dunst und mit kleinen bunten Pillen XTC. Heute will ich mich nicht mehr mit Menschen umgeben, die Zeichen von Schwäche ablehnen. In meinem nahen Umfeld wird es als Stärke gesehen, sich seine Schwächen einzugestehen.

Schwäche zeigen war mir zu peinlich und ich konnte das nicht. Es ist heute noch ein Thema für mich und ich befinde mich im Prozess, mir meine Schwächen einzugestehen. Das gelingt mir mal besser und mal schlechter. Gerade als ich diesen Text schrieb, überwältigte mich eine Welle der Überforderung und legte mich für Stunden lahm. Ich machte mir viel Druck, um etwas Produktives zu leisten. Erst als ich wieder zum Kern kam und verstand, dass ich überhaupt nichts leisten muss, um geliebt zu werden, verschwanden die überwältigenden Gefühle der Hoffnungslosigkeit, Überforderung, Scham und des Grolls.

Nachdem ich einige Therapiestunden und einen Klinikaufenthalt hinter mir habe, ist mir schon etwas deutlicher geworden, wo meine Probleme liegen und wie ich diese verbalisiere. 

Ende Oktober 22 habe ich einen weiteren Termin, an dem der GdS neu eingestuft werden soll. Drückt mir die Daumen, dass dieser für mich besser ausfällt. Ich werde hier in einem Nachtrag von dem Termin berichten und euch im Newsletter darüber informieren.

Fazit

Retrospektiv betrachtet, kann ich empfehlen, einen Weg einzuschlagen, der die sexualisierte Gewalt mit einschließt. Diese in das Leben lässt und Licht auf die Schatten wirft. Wie das im Einzelfall aussieht, muss jeder für sich herausfinden. Ob du dafür, wie ich eine Rente beantragen, einen Weg der Spiritualität und Therapie einschlagen sollst, kann ich dir nicht sagen. Ich glaube, dass der Weg so individuell ist, wie es Menschen hier auf der Erde gibt. Doch eine Sache ist unerlässlich. 

Wir Überlebende sexueller Gewalt, müssen anfangen aktiv zu werden. Wir müssen über die Gewalt unsere Gefühle, unsere Ängste, Schwächen, Scham, Schuldgefühle, Groll sprechen. Das alles sind unsere konditionierten Gefühle. Sie entfremden uns von unserem wahren Selbst und wirken im Unbewussten. Durch die Bewusstmachung kommen wir mehr zu uns. 

Ein Schritt könnte sein, mit anderen unsere unbewussten Anteile zu untersuchen. Denn es braucht immer einen Blick von außen. Ein Blick, der uns klar macht, dass wir Gefühle haben und nicht diese Gefühle sind. Wir dürfen uns Hilfe holen und unsere Träume und Hoffnungen von einer besseren Welt dabei fest im Blick behalten. 

Es wird niemand kommen, einem die Hand auflegen und das Leid ist vorbei. Doch wenn wir aktiv am Leben teilhaben, anstatt wie ein Ping-Pong-Ball hin und her geschossen zu werden, dann wird sich auch etwas ändern. Ich habe ca. 2014 begonnen, mich zu öffnen und von der Gewalt zu erzählen. Seither sind gefühlt neun Leben gelebt worden. Ich befinde mich noch lange nicht am Ende meiner Reise, aber ich kann auf jeden Fall einen gewaltigen Unterschied zu meinem früheren Leben feststellen. 

Abschließende Tipps zur Opferentschädigungsrente

Danke, dass du hier bist. Danke, dass du den Text bis hierher gelesen hast. Zum Abschluss möchte ich dir meine Top Tipps an die Hand geben, wie du zu einer Rente kommen kannst:

  1. Suche dir Hilfe
    1. Bei einer Beratungsstelle
    2. Bei einem Rechtsanwalt
  2. Umringe dich mit Menschen die dich ernst nehmen, dir Glauben und dich auf deinem Weg unterstützen 
    1. (Vielleicht ist der Survivor Circle ein Ort für dich um förderliche Kontakte zu knüpfen)
  3. Es kann passieren, dass Menschen in deinem nahen Umfeld versuchen, dich davon abzuhalten, eine Rente zu beantragen. Knüpfe Kontakte zu Menschen, die diesen Weg bereits gegangen sind. Und höre ihre Geschichte, wieso sie sich dazu entschieden haben. (Survivor Circle)
  4. Du bist ein wunderbarer Mensch, auch wenn du Rente bekommst. Du musst nichts leisten, um geliebt zu werden.
  5. Antrag ausfüllen und so gut es geht nicht mehr daran denken.
  6. Bereite dich auf das Gespräch mit der Polizei vor. Schreibe alles auf, an was du dich erinnern kannst. Es werden typische Fragen gestellt. 
    1. Was, Wann, Wo, Wie oft, Warum?
  7. Stelle dich darauf ein, dass dein gesamtes Umfeld durch Presse von dem Fall erfahren kann.
  8. Suche dir einen Therapeuten oder eine Klinik.
    1. Ich kann wärmstens die Dr. Reisach Kliniken empfehlen

Mögest du glücklich sein.

Dein Peter

Hier findest du alle Informationen über den Survivor Circle

Peter Schwachhofer Survivor Circle

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2 Antworten auf „ Wandeln auf alten Wegen“

  1. Lieber Peter,
    Danke für deine Offenheit, du hilfst anderen damit sehr mit der Aufarbeitung zu beginnen.
    Ehrliches Mitteilen Traumaheilung von Gopal Norbert Klein kann ich dir und uns allen sehr ans Herz legen.
    Das Ehrliche Mitteilen ist eine Methode zur Selbsthilfe, um die Nervensysteme einer ganzen Gruppe von Menschen, auch ohne einen Therapeuten/in, in einen entspannten und regulierten Zustand zu bringen, indem sich die Teilnehmer, im Rahmen einer festgelegten Struktur, über ihre inneren Bewegungen, austauschen.
    https://www.ehrliches-mitteilen-deutschland.net
    Ehrliches Mitteilen

    Lieben Gruß
    Karin Anna

    1. Liebe Karin,

      vielen Dank für für deine Nachricht. Ich hoffe sehr das meine Arbeit hilft.

      Schon häufiger habe ich etwas vom ehrlichen Mitteilen gehört. Bisher war das nur positiv.

      Ich habe mich da noch nicht eingelesen. Doch bin ich mir sicher, dass ich ganz ähnliche Arbeit mit dem survivor-circle mache. Hier geht es auch ums ehrliche mitteilen von Herz zu Herz und während des sharings gibt es schützende Vereinbarungen (siehe FAQ bei Survivor-Circle)für die Teilnehmer.

      Bei Gelegenheit werde ich mich näher mit dem Ehrlichen Mitteilen nach Gopal beschäftigen. Ich bin mir sicher das wird meine Aufklärungsarbeit vertiefen. Doch im Moment steht der Auszug aus unserer Wohnung an, da wir eine 6 Monatige Weltreise machen. Sobald hier alles in trockenen Schuhen ist, hab ich wieder mehr Kapazität.

      Vielen Dank für das positive Feedback und das du meinen Beitrag gelesen hast, das gibt mir richtigen Rückenwind 🙂

      Ganz liebe Grüße
      Peter

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